Das Jahr 2025
Das Leben zu einem Geschenk der Liebe machen
Papst Franziskus veröffentlichte noch in der Gemelliklinik in Rom am 19.3.2025 seine Botschaft zum 62. Weltgebetstag für geistliche Berufungen.
„Die Berufung ist ein kostbares Geschenk, das Gott in die Herzen sät, ein Ruf, aus sich selbst herauszugehen um einen Weg der Liebe und des Dienens einzuschlagen.“
In dieser unserer Zeit fühlen sich viele junge Menschen im Blick auf die Zukunft verloren. Oft sind sie unsicher, was ihre beruflichen Perspektiven angeht, und noch grundlegender erleben sie eine Identitätskrise, die eine Sinn- und Wertekrise ist und durch die digitale Verwirrung noch schwerer zu überwinden ist (…)
Und ihr jungen Menschen seid gerufen, dabei die Hauptrolle zu spielen, oder besser gesagt, sie zusammen mit dem Heiligen Geist zu spielen, der in euch den Wunsch weckt, das Leben zu einem Geschenk der Liebe zu machen (…)
Und dann wollen wir herausfinden, auf welche Weise, in welcher Lebensform wir die Liebe erwidern können, die er uns zuvor geschenkt hat.
Jede Berufung, die in der Tiefe des Herzens wahrgenommen wird, lässt die Antwort als inneren Drang zur Liebe und zum Dienen, als Quelle der Hoffnung und der Liebe aufkeimen und nicht als Suche nach persönlicher Bestätigung (…)
Die Entdeckung der eigenen Berufung geschieht auf einem Weg der geistlichen Unterscheidung. Dieser Weg ist nie ein einsamer Weg, sondern er entsteht innerhalb der christlichen Gemeinschaft und gemeinsam mit ihr.
Liebe junge Menschen, die Welt drängt euch zu voreiligen Entscheidungen, dazu, eure Tage mit Lärm zu füllen, und hindert euch daran, eine Stille zu erfahren, die offen ist für Gott, der zum Herzen spricht. Habt den Mut, innezuhalten, in euch hineinzuhören und Gott zu fragen, was er sich für euch erträumt. Die Stille des Gebets ist unerlässlich, um den Ruf Gottes in der eigenen Geschichte „lesen“ und eine freie und bewusste Antwort geben zu können.“
Und wie kann sich das Abenteuer, eine Berufung zu erkennen und zu verwirklichen, im konkreten menschlichen Leben entfalten? Zum Beispiel so:
Die Freude der Berufung
Meine Wartezeit in der Gemeinschaft der Schwestern Jesu begann am 15.1.2013. Diesem Tag waren mehr als drei Jahre der Suche nach Gottes Plan für mein Leben vorausgegangen. Während meines Studiums an der Uni begann ich eine Art Leere zu spüren, die ich nicht erklären konnte. Ich hatte alles – eine liebevolle und glückliche Familie, Freunde und ich konnte tun, was mir Spaß machte. Und doch fehlte ständig etwas. Ich hatte das Bedürfnis mehr zu beten, und ohne dass ich es merkte, begann Gott langsam, in diese Leere einzudringen. Die Stimme Gottes berührte mich sehr intensiv bei einer der jährlichen Wallfahrten der Pfarre, als ich Psalm 45 sang: „…Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus. Der König verlangt nach deiner Schönheit; er ist ja dein Herr, verneig dich vor ihm!“
Seitdem habe ich Gottes Ruf immer intensiver gespürt und nach einem Studienaufenthalt im Ausland Anfang 2012 war ich beinahe davon überzeugt, dass ein Leben im Dienste Gottes das sein könnte, wonach ich ständig suchte. Ich wusste bloß überhaupt nicht, in welche Ordensgemeinschaft der Herr mich rief. Also habe ich Folgendes in Google eingegeben: weibliche Ordensgemeinschaften in Tschechien. Als erstes erschienen die Seiten der Gemeinschaft der Schwestern Jesu. Der Name gefiel mir sehr gut, also besuchte ich die Seite. Als ich las, dass die Gemeinschaft jungen Menschen hilft, ihre Berufung zu erkennen, war das für mich eine klare Einladung. Ich nahm meinen Mut zusammen und schrieb eine E-Mail an die angegebene Adresse. Zu meiner Freude erhielt ich schon bald eine Antwort mit der Einladung, ein langes Wochenende bei der SSJ zu verbringen. Ich nahm die Einladung an und fuhr schließlich, mit einiger Unsicherheit und Bedenken, was ich eigentlich tun und suchen würde.
Auf den ersten Blick hat mich die Gemeinschaft nicht besonders angesprochen. Ich fühlte mich nicht in sie berufen. Es war ein bisschen trostlos und leer und ich war eher traurig und enttäuscht. Kurz vor der Abreise bot Sr. Olga auch ein Gespräch mit Sr. Marie, der damalige Generaloberin, an. Dieses Gespräch werde ich wahrscheinlich nie vergessen. Es hat sich tief in mein Herz eingebrannt, weil es mein Leben völlig verändert hat. Ich weiß nicht, was es genau war, aber ich habe dabei eine starke Berührung von Gott gespürt und mir war auf einmal völlig klar: Gott ruft mich in diese Gemeinschaft und ich sage völlig glücklich ja. Alles andere verlor gleichsam seine Bedeutung und nur Gott war wichtig. Es ist die Gnade eines Augenblicks, die Gott gibt, damit man „Ja“ sagen kann, und zugleich etwas, in das man ein Leben lang hineinwächst. Bei dreitägigen Exerzitien einen Monat später bestätigte Gott der Herr seine Einladung, ihm auf Schritt und Tritt nachzufolgen.
Im Mai 2013 trat ich in die Gemeinschaft ein, nach dem Noviziat legte ich im November 2015 meine ersten Gelübde und in einigen Jahren ewigen Gelübde ab.
Die Berufung ist ein riesiges Geschenk. Ein unverdientes Geschenk, das nicht mir gehört, ich bin wirklich nur ein kleines Instrument. Meine Berufung gehört allen. Sie soll ein Zeugnis und ein Spiegelbild der unendlichen Liebe Gottes für den Menschen sein. Und ich sehne mich sehr danach, dieser Strahl zu sein, der Leben schenkt, der durch die Dunkelheit leuchtet, der dem Leben Sinn und Fülle gibt.
Die Grundlage der Berufung zu einem Gott geweihten Leben besteht darin, bei Ihm zu sein. Allmählich, Schritt für Schritt sich selber aufgeben und Platz machen für Gott, damit er durch mich wirken kann, wie er will. Doch auch dieses Leermachen ist ein Werk der Gnade, es liegt außerhalb der menschlichen Möglichkeiten und kann in keiner Weise gemessen werden. Sinn und Ziel ist es, immer mehr auf Gott zu blicken. Dies verändert einen Menschen und macht ihn glücklich. Erst dann kann er nämlich über Gottes Liebe, Seine Schönheit und Sein völlig unfassbares Verlangen nach uns staunen. Dann kann er eigentlich nicht anders reagieren als mit völliger Selbsthingabe, die bloß eine Antwort der Dankbarkeit auf die Liebe Gottes ist.
Als Schwester Jesu habe ich in verschiedenen Bereichen gearbeitet, die es mir ermöglicht haben, mich selbst besser kennenzulernen, meine Beziehung zu Gott zu vertiefen und zu lernen, anderen zu dienen. Derzeit versuche ich gemeinsam mit drei anderen Schwestern, hierher im Pilgerhaus Velehrad in Rom für tschechische und slowakische Pilger ein Hinterland und Gastfreundschaft anzubieten. Es ist eine wunderschöne Aufgabe, die mir sehr viel Freude bereitet, wenn ich ein Vermittler der Liebe Gottes sein kann. Täglich lerne ich, dass es nicht auf Leistung und meine Fähigkeiten ankommt. Das will der Herr nicht von mir. Er möchte nur meine Antwort der Liebe, die sich konkret im Dienst an den Menschen ausdrücken soll.
Mich in der Gemeinschaft der Schwestern Jesu Gott zu weihen, macht mich sehr glücklich, denn es führt mich von neuem zu dem, warum und wozu ich geschaffen wurde. Ich wurde aus Liebe und für die Liebe geschaffen. Nur wenn ich selbstlos liebe, bin ich glücklich. Diese Sehnsucht ist tief im Herzen der Menschen verankert und jeder von uns ist eingeladen sie zu entdecken und Gott zu erlauben, sie zu erfüllen.
Sr. Lucie
Abschied von Papst Franziskus

Am Morgen des Ostermontags erschütterte auch uns die Nachricht vom Tod von Papst Franziskus. Die Osteroktav erhielt dadurch eine besondere Dynamik des Abschieds vom Heiligen Vater, der uns sehr nahe war.
Wir sind Gott sehr dankbar für das Geschenk seines Lebens und seines Dienstes. Papst Franziskus war eine große Inspiration für unser geweihtes Leben. Er sprach zu uns einfach und praktisch als Vater und als Ordensmann, der die ignatianische Spiritualität lebt. Mit seinem Wort und seinem Leben führte er uns zur Priorität Gottes, zur mutigen Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist und zur Aufmerksamkeit gegenüber unserem Nächsten.
Wir haben Papst Franziskus in diesen Tagen mit unseren Gebeten begleitet, mit der Teilnahme an den für ihn gefeierten hl. Messen und die Schwestern der Kommunität Rom auch durch die persönliche Teilnahme an seiner Beerdigung.
Wir glauben, dass er dem himmlischen Vater nahe ist und von dort aus seine irdischen Schafe weiterhin mit seiner Fürsprache begleitet.
Auferstehung in unserem Leben
Ein freudiges ALLELUJA war zu hören. Die Freude über die Auferstehung ist während der gesamten Osterzeit spürbar. Die Auferstehung ist eine schöne und hoffnungsvolle Realität, andererseits aber auch etwas Geheimnisvolles, Transzendentes, das sich möglicherweise nur schwer in unseren Alltag integrieren lässt. Wie sollen wir sie uns vorstellen? Wie kann man sie jetzt schon leben?
Um die Auferstehung ging es auch in der letzten Meditation unserer Exerzitien (geistlichen Übungen), durch die uns – dieses Jahr in Velehrad – mit Begeisterung und spiritueller Tiefe wieder unsere Mitschwester Sr. Marie Čeganová begleitet hat. Sie verwendete dabei Texte von Kardinal C. M. Martini SJ; einige Gedanken daraus können uns helfen, die Gegenwart des auferstandenen Herrn in unser Leben zu bringen.
Zur Vorbereitung der Meditation wurden wir aufgerufen unsere Augen zu öffnen. Der Herr ist doch von den Toten auferstanden, der Herr lebt; aber wo? Er lebt bei Gott und unter uns, in unserer Erfahrung, in unserem Leben, in unserer aktuellen Situation. Der auferstandene Herr ist immer gegenwärtig und kommt zu uns. Unser tägliches Leben trägt in seiner scheinbaren Bedeutungslosigkeit Zeichen der Auferstehung in sich.
Die Worte des Herrn, dass er den Aposteln nach Galiläa vorausgeht, also in ihre vertraute Umgebung, in die Heimat vieler von ihnen, weisen darauf hin: Der auferstandene Jesus geht uns voraus und erwartet uns – bei uns zu Hause, in unserer konkreten Lebenssituation, hier und jetzt. Dies ist ein kostbarer Schatz, der in jedem Moment unseres Lebens verborgen ist, selbst wenn er Unsicherheit, Schwierigkeiten und Dunkelheit mit sich bringt. Scheuen wir uns also nicht, mit Zuversicht anzunehmen, was jeder Tag bringt – Gottes Gegenwart ist darin verborgen und das ist eine beständige Quelle von Freude und Hoffnung – nicht nur in der Osterzeit oder während der Exerzitien.
Der Weg zur Osterfreude
Der geistliche Sinn der Fastenzeit wird uns in einer Präfation nahegelegt: „Jedes Jahr schenkst du deinen Gläubigen die Gnade, das Osterfest in der Freude des Heiligen Geistes zu erwarten.“ Den Gläubigen wird jedes Jahr die Gnade geschenkt, das Osterfest in der Freude des Hl. Geistes zu erwarten.
Eine solche Sicht auf die Fastenzeit ist vielleicht ungewöhnlich, weil sie nicht gleich von der Buße und Umkehr spricht, sondern von der Freude des Hl. Geistes, die zu Ostern zu erwarten ist. Erst nachher kommt eine bestimmte Mahnung oder Aufmunterung: „Du mahnst uns in dieser Zeit der Buße zum Gebet und zu Werken der Liebe.“ Damit das Osterfest mit der inneren Freude des Hl. Geistes gefeiert werden kann, sollten wir auch etwas dafür tun. Deshalb hören wir die Mahnung zur Buße, zum Gebet und zu Werken der Liebe. So ist in aller Kürze der geistliche Sinn der Fastenzeit skizziert oder unsere Umkehr beschrieben.
Es geht also um die Buße, das Gebet und die Werke der Liebe. Dadurch wird uns das Ostergeheimnis bewusst. In der Osternacht wird entweder die Taufe gespendet oder das Taufversprechen erneuert. Das heißt: Ostern ist für uns eine Erneuerung oder Erfrischung der Gnade der Kindschaft Gottes. Wir sind gerade durch dieses Sakrament Kinder Gottes. Wenn wir uns durch Gebet, Buße und Werke der Liebe läutern, dann sind unsere geläuterten Herzen erst fähig, sich österlich zu freuen. Dadurch werden wir zu Ostern zur Fülle des Lebens geführt, die uns Christus durch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung schenkt.
Diese vierzigtägige Bußzeit ist eine sinnvolle Zeit als Vorbereitung, eine notwendige Voraussetzung, um zur echten Freude und zur Erneuerung des Herzens, zu dieser Kindschaft Gottes, zu kommen. Es ist ein Weg, den uns Jesus mit seinem Beispiel gezeigt hat. Es geht in der Fastenzeit also nicht um die Buße um der Buße willen. Es geht nicht um die Entsagung um der Entsagung willen, das wäre falsch verstanden. Es geht um die Mittel: Buße und Entsagung, das Gebet und Werke der Liebe. Diese Mittel ermöglichen uns, das erhabene Ziel von Ostern zu erreichen. So sollten wir diese Dinge, die manchmal sehr im Vordergrund stehen, sehen. Es sind nur Dinge, die uns zum Besseren, zum Schöneren, die uns erst zur Fülle des Lebens verhelfen.
(Gedanken von P. Robert Kunert SJ)
Interview mit Sr. Claudia Böckelberger in der Kirchenzeitung
Claudia Böckelberger (SSJ) über ihr Leben und die Spiritualität ihrer Ordensgemeinschaft
SO GOTT WILL: IN UNSEREN LEBEN DÜRFEN WIR IMMER MIT GOTT RECHNEN
Wie hat Gott Sie gerufen und warum sind Sie in den Orden der „Gemeinschaft der Schwestern Jesu“ eingetreten?
Sr. Claudia: Bevor ich über mich rede, möchte ich über die Exerzitien (Geistlichen Übungen) des hl. Ignatius von Loyola, den Gründer des Jesuitenordens, sprechen, nach dessen Gestalt auch wir unser Leben ausrichten. Ignatius schreibt: „Der Mensch ist geschaffen, um Gott, unseren Herrn zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen, ihm zu dienen und mittels dessen seine Seele zu retten. Es ist nötig, dass wir uns gegenüber allen geschaffenen Dingen, indifferent machen. Das heißt nicht mehr zu wollen Gesundheit als Krankheit, Reichtum als Armut, Ehre als Ehrlosigkeit oder langes Leben als kurzes“. Es geht um den Menschen. Gott zu gefallen und den Menschen zu ihrer letzten Sinnerfüllung zu helfen. Darin erfüllt sich auch das eigene Leben. Das ist ein Prinzip, das sich auch bei Papst Franziskus durchzieht. Und nach diesem Prinzip gestaltet er sein Amt und die Kirche. Es ist auch Prinzip meines Lebens und unserer Gemeinschaft.
Erzählen Sie von Ihrem Leben und ihrer Berufung
Sr. Claudia: Ich bin in einer christlichen Familie in Villach mit drei Geschwistern aufgewachsen. Meine Mutter war in der Pfarre Villach-St. Josef, im PGR. Meine Geschwister und ich waren eingebunden, in der Jungschar, in der Jugendgruppe und in kirchlichen Jugendveranstaltungen. Unser damaliger Heimatpfarrer, Prälat Matthias Hribernik hatte etwas für uns übrig, für Kinder und Familien. St. Josef war ein offener Pfarrhof. Ich habe bis heute ein großes Vertrauen meinem Heimatpfarrer gegenüber. Was mich stets begleitet, ist die gute Erfahrung, die ich seit der Erstkommunion mit dem Sakrament der Beichte habe. Wichtig war für mich, dass meine Mutter das Leben mit dem Glauben verbunden hat. Wenn große Entscheidungen in der Familie anstanden, hat sie gesagt: So Gott will. Sie hat mit Gott in ihrem Leben gerechnet.
Als ich 17 war, habe ich mich gefragt, was will Gott mit meinem Leben? Nach der Matura habe ich die Aufnahmeprüfung für das Seminar für kirchliche Berufe in Wien bestanden. Schon damals sehnte ich mich nach Tieferem. Aber ich konnte es nicht definieren. Es war so eine Unruhe und eine Sehnsucht tief in mir. Zu dieser Zeit bin ich mit Sr. Maria Fehr (Schwester in derselben Ordensgemeinschaft) in Kontakt gekommen. Ich habe sie näher kennen gelernt. Sie hatte nur ihr Kreuz, kein Ordensgewand und sie hatte ein Lächeln. Im Gespräch mit ihr hat sie mich in die Gemeinschaft nach Klagenfurt eingeladen. Durch sie habe ich P. Robert Kunert kennengelernt. Er war Jesuit und Rektor in der Marienkirche am Benediktinerplatz und Spiritual (geistlicher Begleiter) der Gemeinschaft der Schwestern Jesu. Er war auch am Aufbau der Schwestern in Klagenfurt und Österreich, Tschechien und später Rom beteiligt. P. Kunert hat mich ernst genommen und ich habe ein Vertrauen gespürt. Das Hingabegebet von Ignatius, welches er mir während einer Exerzitienzeit gab, hat etwas zum Schwingen gebracht. Ich habe erkannt, dass Gott mich liebt und in seine Nachfolge ruft. Das war der Widerhall meiner tiefen Sehnsucht. Ich habe Christus Jesus gefunden. Das war der Grund, warum ich als junge Frau in eine Gemeinschaft, die noch im Aufbau war, eingetreten bin. Ich habe diesen Schritt gemacht und ihn nie bereut. Für diese persönliche Beziehung zu Christus, wird in unserer Gemeinschaft viel getan. Christus ist unser Fundament. Er ist unser Programm, aus ihm heraus leben wir unsere Berufung und Sendung.
Wie können wir uns ihren Alltag vorstellen?
Sr. Claudia: Der frühe Morgen beginnt mit der Meditation des Tagesevangeliums. Diese persönliche Begegnung mit Christus und die tägliche heilige Messe bestimmen den Wert meines ganzen Tages. Durch unsere verschiedenen Berufe und Arbeitszeiten braucht es eine Flexibilität, daher beten wir das Brevier allein. Wenn es die Umstände erlauben beten wir gerne das Brevier gemeinsam, wie auch den täglichen Rosenkranz oder die tägliche Anbetungsstunde. Wir treffen uns während der Woche zum Austausch über unsere ignatianischen Ordensregeln und über ein geistliches Thema. Dabei hilft mir die ignatianische Spiritualität zu leben. Jeder Schwester nimmt sich auch Zeit für das persönliche Studium, denn wir brauchen die geistliche Nahrung. Für uns ist es wichtig Arbeit und Gebet zu verbinden, in einer Haltung zu leben, in der ich immer auf Jesus Christus schaue. Wie Ignatius, sind wir immer auf der Suche nach dem Willen Gottes. Wir sind Schwestern die beten, helfen und verkünden. Mit einem Fuß stehen wir in der Gemeinschaft, mit einem Fuß stehen wir in der Gesellschaft, aus der Wechselwirkung von Kontemplation (Gebet) und Aktion (Arbeit). Das befruchtet sich gegenseitig. Die Arbeit drängt mich ins Gebet und umgekehrt. Durch unsere Gelübde leben wir schlicht und einfach in Solidarität mit anderen, die nicht so viel haben.
Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bekommen?
Sr. Claudia: Es ist Struktur und Einteilungssache, aber ich frage immer nach der Priorität. Für uns hat das geistliche Leben Vorrang. Manchmal gelingt es mir mehr, manchmal weniger dabei einen ruhigen Geist zu bewahren. Die Arbeit als Solidarität mit den Menschen, die arbeiten, ist mir sehr wichtig. Dadurch verstehe ich die Menschen besser. Ich vernachlässige die notwendige Erholung nicht. Das ist in unseren Grundregeln verankert, die Harmonie, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Eine Harmonie ist eine Voraussetzung für ein gutes Leben. Ich freue mich, wenn wir Sonntag einen Ausflug in die Natur machen oder miteinander etwas spielen. Es muss Zeiten geben, in denen ich Dinge tue, die ich gerne mache, auch wenn sie klein oder kurz sind. Wir Schwestern helfen uns gegenseitig.
Wie sehen Sie sich als Ordensangehörige in der Diözese, in der Kirche und die Zukunft der Kirche?
Sr. Claudia: Für mich ist jede Ordensgemeinschaft ein Geschenk Gottes an die lokale Kirche. Jede Gemeinschaft hat ihre Aufgabe, ihr Charisma zu entfalten, so gut wie sie es kann. Die Kirche, die Welt braucht geistliche Zentren. Orden sind vielfältig und wirksam für das Leben aller. Alleine schon die Anwesenheit von Frauen und Männer in Orden erinnern an Gott. Ordensleute bringen schon durch ihre Anwesenheit Gott ins Spiel. Sie halten Gott wach. Es geht darum, dass wir für Berufungen beten, sie selber glaubwürdig und freudig leben. Junge Menschen sollen nicht die Perspektive auf ein radikales gottgeweihtes Leben verlieren. Es geht um Fruchtbarkeit. Gott ist eine Realität auf die man zählen kann. Darauf weisen wir hin. Wir, in der Kirche brauchen gute Entscheidungen. Das setzt auch die synodale Haltung voraus. Ignatius sagt, diese Haltung kann man einüben und dieses Einüben ist ein Akt der Hoffnung. Diese Hoffnung, diese Grundhaltung, dass in allem Gott wirkt, ist für die Kirche auch in Zukunft wichtig und auch für den synodalen Prozess, den die Diözese jetzt geht.
Claudia Böckelberger SSJ, geboren 1967 in Villach, ist seit 1987 Ordensschwester in der Gemeinschaft der Schwestern Jesu (Societas sororum Jesu), ein Institut geweihten Lebens (www.ssj-centrum.com).Nach der Matura absolvierte sie ihre Ausbildung zur Pastoralassistentin am Seminar für kirchliche Berufe in Wien. Im Jahre 2003 schloss sie die dreijährige Ausbildung zur Pflegehelferin an der Fachschule für Sozialberufe des Caritasverbandes in Klagenfurt ab. Sr. Claudia arbeitete abwechselnd in beiden Berufen an mehreren Einsatzorten in Kärnten und Wien. Seit 2023 ist sie als Krankenhausseelsorgerin im Klinikum Klagenfurt tätig. Von 2016 bis 2024 war sie Oberin der Ordensgemeinschaft in Klagenfurt. Jetzt folgt Sr. Dorothea Rosenberger als Leiterin.
Einladung in den wiener Stephansdom
Abschied von Kardinal Christoph Schönborn
Am Samstag, dem 18. Jänner 2025, verabschiedete sich die Erzdiözese Wien im Rahmen einer feierlichen hl. Messe von ihrem langjährigen Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn. Es war uns ein Anliegen, uns diesem Dank an den Herrn Kardinal anzuschließen. Die Liebe zur Kirche und ihren geistlichen Hirten ist uns doch sehr wichtig, sie ist uns durch unseren geistlichen Vater, den hl. Ignatius, gleichsam „in die Wiege gelegt“ worden. So feierten alle Schwestern unserer Wiener Kommunität diesen Gottesdienst in großer Freude und Dankbarkeit mit.
Da der Stephansdom nicht genug Platz für die mehr als 4000 Mitfeiernden bot, wurden auch die Jesuitenkirche und die Dominikanerkirche als Mitfeier-Kirchen bestimmt, wohin der Dankgottesdienst übertragen wurde. Zwei Schwestern von uns waren im Stephansdom, zwei in der Jesuitenkirche. Unter den vielen Bischöfen waren auch zwei tschechische, die der Herr Kardinal eigens begrüßte. Es war sehr bewegend, die große Wertschätzung der Kirche und auch der Vertreter des öffentlichen Lebens für den Herrn Kardinal zu erleben.
Genauere Informationen sowie wunderschöne Fotos von dieser Feier finden Sie hier.