INTERVIEW MIT SR. CLAUDIA BÖCKELBERGER IN DER KIRCHENZEITUNG
Am 2. Februar begeht die Kirche den Tag der Ordensberufungen. In der Kirchenzeitung erzählt unsere Sr. Claudia Böckelberger von ihrer Berufung und wie sie ihr Leben als Geschenk Gottes erfährt.
Claudia Böckelberger (SSJ) über ihr Leben und die Spiritualität ihrer Ordensgemeinschaft
SO GOTT WILL: IN UNSEREN LEBEN DÜRFEN WIR IMMER MIT GOTT RECHNEN
Wie hat Gott Sie gerufen und warum sind Sie in den Orden der „Gemeinschaft der Schwestern Jesu“ eingetreten?
Sr. Claudia: Bevor ich über mich rede, möchte ich über die Exerzitien (Geistlichen Übungen) des hl. Ignatius von Loyola, den Gründer des Jesuitenordens, sprechen, nach dessen Gestalt auch wir unser Leben ausrichten. Ignatius schreibt: „Der Mensch ist geschaffen, um Gott, unseren Herrn zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen, ihm zu dienen und mittels dessen seine Seele zu retten. Es ist nötig, dass wir uns gegenüber allen geschaffenen Dingen, indifferent machen. Das heißt nicht mehr zu wollen Gesundheit als Krankheit, Reichtum als Armut, Ehre als Ehrlosigkeit oder langes Leben als kurzes“. Es geht um den Menschen. Gott zu gefallen und den Menschen zu ihrer letzten Sinnerfüllung zu helfen. Darin erfüllt sich auch das eigene Leben. Das ist ein Prinzip, das sich auch bei Papst Franziskus durchzieht. Und nach diesem Prinzip gestaltet er sein Amt und die Kirche. Es ist auch Prinzip meines Lebens und unserer Gemeinschaft.
Erzählen Sie von Ihrem Leben und ihrer Berufung
Sr. Claudia: Ich bin in einer christlichen Familie in Villach mit drei Geschwistern aufgewachsen. Meine Mutter war in der Pfarre Villach-St. Josef, im PGR. Meine Geschwister und ich waren eingebunden, in der Jungschar, in der Jugendgruppe und in kirchlichen Jugendveranstaltungen. Unser damaliger Heimatpfarrer, Prälat Matthias Hribernik hatte etwas für uns übrig, für Kinder und Familien. St. Josef war ein offener Pfarrhof. Ich habe bis heute ein großes Vertrauen meinem Heimatpfarrer gegenüber. Was mich stets begleitet, ist die gute Erfahrung, die ich seit der Erstkommunion mit dem Sakrament der Beichte habe. Wichtig war für mich, dass meine Mutter das Leben mit dem Glauben verbunden hat. Wenn große Entscheidungen in der Familie anstanden, hat sie gesagt: So Gott will. Sie hat mit Gott in ihrem Leben gerechnet.
Als ich 17 war, habe ich mich gefragt, was will Gott mit meinem Leben? Nach der Matura habe ich die Aufnahmeprüfung für das Seminar für kirchliche Berufe in Wien bestanden. Schon damals sehnte ich mich nach Tieferem. Aber ich konnte es nicht definieren. Es war so eine Unruhe und eine Sehnsucht tief in mir. Zu dieser Zeit bin ich mit Sr. Maria Fehr (Schwester in derselben Ordensgemeinschaft) in Kontakt gekommen. Ich habe sie näher kennen gelernt. Sie hatte nur ihr Kreuz, kein Ordensgewand und sie hatte ein Lächeln. Im Gespräch mit ihr hat sie mich in die Gemeinschaft nach Klagenfurt eingeladen. Durch sie habe ich P. Robert Kunert kennengelernt. Er war Jesuit und Rektor in der Marienkirche am Benediktinerplatz und Spiritual (geistlicher Begleiter) der Gemeinschaft der Schwestern Jesu. Er war auch am Aufbau der Schwestern in Klagenfurt und Österreich, Tschechien und später Rom beteiligt. P. Kunert hat mich ernst genommen und ich habe ein Vertrauen gespürt. Das Hingabegebet von Ignatius, welches er mir während einer Exerzitienzeit gab, hat etwas zum Schwingen gebracht. Ich habe erkannt, dass Gott mich liebt und in seine Nachfolge ruft. Das war der Widerhall meiner tiefen Sehnsucht. Ich habe Christus Jesus gefunden. Das war der Grund, warum ich als junge Frau in eine Gemeinschaft, die noch im Aufbau war, eingetreten bin. Ich habe diesen Schritt gemacht und ihn nie bereut. Für diese persönliche Beziehung zu Christus, wird in unserer Gemeinschaft viel getan. Christus ist unser Fundament. Er ist unser Programm, aus ihm heraus leben wir unsere Berufung und Sendung.
Wie können wir uns ihren Alltag vorstellen?
Sr. Claudia: Der frühe Morgen beginnt mit der Meditation des Tagesevangeliums. Diese persönliche Begegnung mit Christus und die tägliche heilige Messe bestimmen den Wert meines ganzen Tages. Durch unsere verschiedenen Berufe und Arbeitszeiten braucht es eine Flexibilität, daher beten wir das Brevier allein. Wenn es die Umstände erlauben beten wir gerne das Brevier gemeinsam, wie auch den täglichen Rosenkranz oder die tägliche Anbetungsstunde. Wir treffen uns während der Woche zum Austausch über unsere ignatianischen Ordensregeln und über ein geistliches Thema. Dabei hilft mir die ignatianische Spiritualität zu leben. Jeder Schwester nimmt sich auch Zeit für das persönliche Studium, denn wir brauchen die geistliche Nahrung. Für uns ist es wichtig Arbeit und Gebet zu verbinden, in einer Haltung zu leben, in der ich immer auf Jesus Christus schaue. Wie Ignatius, sind wir immer auf der Suche nach dem Willen Gottes. Wir sind Schwestern die beten, helfen und verkünden. Mit einem Fuß stehen wir in der Gemeinschaft, mit einem Fuß stehen wir in der Gesellschaft, aus der Wechselwirkung von Kontemplation (Gebet) und Aktion (Arbeit). Das befruchtet sich gegenseitig. Die Arbeit drängt mich ins Gebet und umgekehrt. Durch unsere Gelübde leben wir schlicht und einfach in Solidarität mit anderen, die nicht so viel haben.
Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bekommen?
Sr. Claudia: Es ist Struktur und Einteilungssache, aber ich frage immer nach der Priorität. Für uns hat das geistliche Leben Vorrang. Manchmal gelingt es mir mehr, manchmal weniger dabei einen ruhigen Geist zu bewahren. Die Arbeit als Solidarität mit den Menschen, die arbeiten, ist mir sehr wichtig. Dadurch verstehe ich die Menschen besser. Ich vernachlässige die notwendige Erholung nicht. Das ist in unseren Grundregeln verankert, die Harmonie, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit. Eine Harmonie ist eine Voraussetzung für ein gutes Leben. Ich freue mich, wenn wir Sonntag einen Ausflug in die Natur machen oder miteinander etwas spielen. Es muss Zeiten geben, in denen ich Dinge tue, die ich gerne mache, auch wenn sie klein oder kurz sind. Wir Schwestern helfen uns gegenseitig.
Wie sehen Sie sich als Ordensangehörige in der Diözese, in der Kirche und die Zukunft der Kirche?
Sr. Claudia: Für mich ist jede Ordensgemeinschaft ein Geschenk Gottes an die lokale Kirche. Jede Gemeinschaft hat ihre Aufgabe, ihr Charisma zu entfalten, so gut wie sie es kann. Die Kirche, die Welt braucht geistliche Zentren. Orden sind vielfältig und wirksam für das Leben aller. Alleine schon die Anwesenheit von Frauen und Männer in Orden erinnern an Gott. Ordensleute bringen schon durch ihre Anwesenheit Gott ins Spiel. Sie halten Gott wach. Es geht darum, dass wir für Berufungen beten, sie selber glaubwürdig und freudig leben. Junge Menschen sollen nicht die Perspektive auf ein radikales gottgeweihtes Leben verlieren. Es geht um Fruchtbarkeit. Gott ist eine Realität auf die man zählen kann. Darauf weisen wir hin. Wir, in der Kirche brauchen gute Entscheidungen. Das setzt auch die synodale Haltung voraus. Ignatius sagt, diese Haltung kann man einüben und dieses Einüben ist ein Akt der Hoffnung. Diese Hoffnung, diese Grundhaltung, dass in allem Gott wirkt, ist für die Kirche auch in Zukunft wichtig und auch für den synodalen Prozess, den die Diözese jetzt geht.
Claudia Böckelberger SSJ, geboren 1967 in Villach, ist seit 1987 Ordensschwester in der Gemeinschaft der Schwestern Jesu (Societas sororum Jesu), ein Institut geweihten Lebens (www.ssj-centrum.com).Nach der Matura absolvierte sie ihre Ausbildung zur Pastoralassistentin am Seminar für kirchliche Berufe in Wien. Im Jahre 2003 schloss sie die dreijährige Ausbildung zur Pflegehelferin an der Fachschule für Sozialberufe des Caritasverbandes in Klagenfurt ab. Sr. Claudia arbeitete abwechselnd in beiden Berufen an mehreren Einsatzorten in Kärnten und Wien. Seit 2023 ist sie als Krankenhausseelsorgerin im Klinikum Klagenfurt tätig. Von 2016 bis 2024 war sie Oberin der Ordensgemeinschaft in Klagenfurt. Jetzt folgt Sr. Dorothea Rosenberger als Leiterin.